2.10.2008—26.10.2008
MAK Design Space

SILIKON - WERKSTOFF DER ZUKUNFT?
Alessandro Ciffos Silikon-Möbel

Was bedeutet Fortschritt im Design? Oftmals die „Entdeckung“ und Adaption neuer Werkstoffe. Das Bauhaus revolutionierte mit den Stahlrohrmöbeln das Wohnen. Später war es der Kunststoff der eine Design-Revolution auslöste. Die vielfältigen Eigenschaften und die herausragende Leistungsfähigkeit so wie die Verarbeitungsmöglichkeiten und das weit reichende Gestaltungsspektrum, das mit Kunststoff kreiert werden konnte, ließen dieses Material als innovativ und „modern“ erscheinen. Kunststoff ist heute aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken, auch wenn unser Verhältnis zu diesem Werkstoff äußerst ambivalent ist. Kunststoff stand am Anfang seiner Adaptierung durch Designer für Billigprodukte in Massenauflage. Dabei wurde die Leistungsfähigkeit dieses Materials weit unter seinem Wert verkauft. Verfahren wie Rapid Prototyping, Rapid Manufacturing und Mass Customizing zeigen heute, welche Möglichkeiten, die Verarbeitung von Kunststoff darstellt. Hinzu kommen die vergleichsweise kostengünstige Produktion von Unikaten und Kleinserien und die Konstruktion von höchst komplexen Geometrien.

Doch Kunststoff ist nicht gleich Kunststoff, wir zählen eine Vielfalt an chemischen Zusammensetzungen, die unter diesen weiten Begriff fallen. Einer davon ist Silikon, dessen Entdeckung zwei Chemikern zugeschrieben wird: Der US-Amerikaner Eugene G. Rochow und der deutsche Chemiker Richard Müller fanden im Jahre 1940 fast gleichzeitig eine Möglichkeit zur großtechnischen Herstellung der Methylchlorsilane, die wichtige Zwischenprodukte zur Herstellung der Silikone sind. Das Herstellungsverfahren wird seither als Müller-Rochow-Synthese bezeichnet. Und wie so oft spielte dabei der Zufall eine entscheidende Rolle, die der deutsche Chemiker Richard Müller so erklärte: „Ich hatte im Jahr 1932 die Idee, einen künstlichen Nebel zu erfinden, um ganze Städte damit einzuhüllen, falls es jemals wieder einen Krieg geben würde. Damals gab es ja noch keinen Radar. Doch heraus kam immer nur ein schneeweißes Gas. Nach jahrelangen Versuchen – inzwischen schrieben wir das Jahr 1941 – führte ich die Untersuchungen in eine andere Richtung fort. Da entdeckte ich schließlich eine zähe weiße Masse – das Silikon“.

Silikon ist heute die Basis vieler innovativer High-Tech-Produkte in der Medizin, in der Architektur, aber auch im Design, und zwar nicht mehr ausschließlich wie ursprünglich als Dicht- oder Klebestoff verwendet. Silikon-Polymere werden in einer großen Bandbreite angeboten, wie zum Beispiel ölige, hydrophobe, pastenartige, harzartige und kautschukartige, die alle besondere Eigenschaften aufweisen. Das Spektrum reicht von farbig dicht bis transparent, von soft bis hart.

Alessandro Ciffos „Multicoloured Furnishings“ aus Silikon stehen für den fließenden Dialog von Kreativität und den besonderen Materialeigenschaften, die dieser Werkstoff der Zukunft zu bieten hat. Alessandro Ciffo über seine schachbrettartigen bunten Möbel: „Ich mische Design mit Malerei, Malerei mit Volumen, die Härte der Ecken mit der Weichheit des Materials und der Gestalt. (...) Es fordert heraus und schwächt gleichzeitig diese rigiden Theorien, die den Prozess der Evolution behindern, und Silikon gibt dem Ganzen am Ende das ‚Schach matt’.“ (Andrea Nussbaum, 2008)

Kuratorin Heidemarie Caltik, MAK-Kustodin Design
 

Präsentation des Silikon-Lehnstuhls von Alessandro Ciffo, aus der "Scacco-Matto" Serie, 2008, produziert von DILMOS Milano, im Rahmen der VIENNA DESIGN WEEK im MAK.