das ist ein test

Die Wiener Werkstätte (WW) war eine 1903 gegründete Gemeinschaft von „Künstlern und Kunsthandwerkern“ nach Vorstellungen und Bedürfnissen ihrer Gründer Josef Hoffmann und Koloman Moser, die auch Professoren an der Wiener Kunstgewerbeschule waren. Gemeinsam mit dem ersten Financier Fritz Waerndorfer sollte eine herausragende Firmengeschichte geschrieben werden.

Die unzähligen Mitarbeiterinnen der WW sind in dieser Geschichte oft in Vergessenheit geraten und werden nun erstmals wieder ins Rampenlicht der Öffentlichkeit gerückt.

Weitaus weniger bekannt als die Wiener Werkstätte mit ihren umfangreichen Produktpaletten ist die Vereinigung Wiener Kunst im Hause. Sie wurde bereits 1901 von Absolvent*innen der Kunstgewerbeschule gegründet, bestand bis in die 1930er Jahre und kann gewissermaßen als Vorläuferin der WW bezeichnet werden.

Einladung zur 1. Ausstellung der Wiener Kunst im Hause im Wiener Kunstgewerbeverein, November 1901 © Universität für angewandte Kunst Wien, Kunstsammlung und Archiv

Einladung zur 1. Ausstellung der Wiener Kunst im Hause im Wiener Kunstgewerbeverein, November 1901 © Universität für angewandte Kunst Wien, Kunstsammlung und Archiv

Da sie wirtschaftlich jedoch weitaus weniger vernetzt war, konnte sie nicht mit der neuen Konkurrenz aus Professoren und dem finanzkräftigen Großbürgertum mithalten.

Jutta Sika und Therese Trethan gründeten gemeinsam mit acht weiteren Absolvent*innen der Kunstgewerbeschule – fünf Männern und drei Frauen – die Vereinigung Wiener Kunst im Hause und arbeiteten in Folge auch für die Wiener Werkstätte sowie für andere namhafte Produzent*innen.

Einladung der Wiener Kunst im Hause zu ihrer Weihnachts-Bude Am Hof, 1905 © MAK

Einladung der Wiener Kunst im Hause zu ihrer Weihnachts-Bude Am Hof, 1905 © MAK

JUTTA SIKA

Kunsthandwerkerin, Malerin, Zeichenlehrerin

Foto: anonym, um 1960 © Privatbesitz

Foto: anonym, um 1960 © Privatbesitz

Jutta Sika wurde 1877 in Linz geboren und starb 1964 in Wien. Ihr künstlerischer Wissensdrang war groß: Sie besuchte die Graphische Lehr- und Versuchsanstalt in Wien und studierte anschließend an der Kunstgewerbeschule bei Koloman Moser in der Malereiklasse sowie bei Friedrich Linke im Atelier für Keramik.

Tasse, 1901/02 © MAK/Katrin Wißkirchen

Tasse, 1901/02 © MAK/Katrin Wißkirchen

Das Spektrum ihres Schaffens reichte von Entwürfen für Porzellan-, Glas- und Metallarbeiten über Mode, Wandbilder, Ausstellungsbeteiligungen und die Ausstattung einer Pantomime für ein Künstlerfest bis hin zu Entwürfen für Bonbonnieren und Christbaumschmuck für die Konditorei Demel in den 1930er Jahren.

Vase, 1901/02 © MAK/Kristina Satori

Vase, 1901/02 © MAK/Kristina Satori

In ihren späteren Jahren wandte sie sich mehr der Malerei zu und arbeitete als Zeichenlehrerin. Für die WW entwarf sie 1912 sieben Ansichtskarten mit Motiven aus Tirol und eine Krampuskarte.

THERESE TRETHAN  

Kunsthandwerkerin, Modeentwerferin, Malerin, Fachlehrerin

In einem von ihr entworfenen Kleid, 1901, Art et Décoration (11) 1902, 158

In einem von ihr entworfenen Kleid, 1901, Art et Décoration (11) 1902, 158

Therese Trethan wurde 1879 in Wien geboren, wo sie 1957 auch starb. Fünf Jahre studierte sie an der Kunstgewerbeschule bei Oskar Beyer in der Architekturklasse, bei Koloman Moser in der Malereiklasse und bei Friedrich Linke im Atelier für Keramik.

Tasse, 1900 © MAK/Nathan Murrell

Tasse, 1900 © MAK/Nathan Murrell

Sie war Gründungsmitglied der Wiener Kunst im Hause, arbeitete fünf Jahre für die Wiener Werkstätte und war im WW-Programm von 1905 als einzige Frau mit ihrem Monogramm vertreten – eine große Ausnahme und damit ein Zeichen für ihr handwerkliches Können und ihre künstlerische Qualität.

WW-Arbeitsprogramm 1905

WW-Arbeitsprogramm 1905

Unter anderem bemalte sie viele Objekte wie Schachteln, Holzeier, Spielzeug oder auch Paravents aus der Feder von Josef Hoffmann und Koloman Moser – vielleicht war auch das ein Grund dafür, dass sie im Arbeitsprogramm erwähnt wurde. In jedem Fall war es ein Zeichen großer Anerkennung für Therese Trethan, jedoch noch ein langer Weg zur künstlerischen Emanzipation. 1919 wurde ihr schließlich der Titel „Fachlehrerin für gewerbliche Fortbildungsschulen“ verliehen, ein Beweis für ihr Engagement auf diesem Gebiet.

Vier Holzfiguren, um 1905 © MAK

Vier Holzfiguren, um 1905 © MAK

Bevor wir uns vollends den Künstlerinnen und ihrem Schaffen zuwenden, holen wir etwas aus. Wir schreiben das Jahr 1897: Wien ist die Metropole eines pulsierenden Kaiserreichs, seine Stadtmauer ist Geschichte, ihren Platz nimmt das große Ringstraßenprojekt ein.

Wiener Ringstraße mit Parlament, Rathaus und Universität, anonym, um 1880

Wiener Ringstraße mit Parlament, Rathaus und Universität, anonym, um 1880

Der Umbruch und die Veränderungen sind beinahe greifbar, eine Gruppe progressiver Künstler und Vordenkender wendet sich neuen Ideen und Idealen zu, die Wiener Secession wird gegründet und ein neuer Stil etabliert sich in ganz Europa – der Jugendstil.

Lithografie, Secession, Joseph Maria Olbrich, Wien, 1898 © MAK

Lithografie, Secession, Joseph Maria Olbrich, Wien, 1898 © MAK

Auch das Kunstgewerbe sollte reformiert und erneuert werden: Ab 1899 wurden die ersten weiblichen Lehrkräfte an die Kunstgewerbeschule berufen und erstmals durften Frauen an allen Fachklassen teilnehmen – auch am so wichtigen Aktzeichnen.

Heinrich von Ferstel, Fassadenentwurf für das k.k. Österreichische Museum für Kunst und Industrie, 1867 © MAK

Heinrich von Ferstel, Fassadenentwurf für das k.k. Österreichische Museum für Kunst und Industrie, 1867 © MAK

Hoffmann und Moser, beide ab 1900 Professoren an der Schule, erkannten das Potenzial der Schülerinnen schnell und förderten es im weiteren Verlauf – das lag vor allem an der Qualität ihrer Arbeitskraft und ihrer Kreativität.

Mathilde Flögl, Camilla Birke (hintere Reihe), Erna Kopriva, (?), Maria Likarz, Marianne Leisching (mittlere Reihe), Vally Wieselthier (vorne), Gruppenfoto, um 1927 © MAK

Mathilde Flögl, Camilla Birke (hintere Reihe), Erna Kopriva, (?), Maria Likarz, Marianne Leisching (mittlere Reihe), Vally Wieselthier (vorne), Gruppenfoto, um 1927 © MAK

Hoffmann und Moser nutzten ihre finanzstarken Geldgeber und das Potenzial ihrer Schüler*innen an der Kunstgewerbeschule, um ihr privates Geschäft voranzutreiben. Ab 1914 waren diese vornehmlich weiblich, da ihre männlichen Kollegen vermehrt in den Krieg eingezogen wurden. In einer Zeit der Umbrüche und Veränderungen rief dies viele Kritiker auf den Plan.

„Mäda! […] man denkt sofort an etwas Gesprageltes, Ueberspitztes, Affektiertes, Gekitzeltes, Falsches, Unechtes und vor allem
U e b e r f l ü s s i g e s, mit einem Wort an ein Erzeugnis der WW.

Wiener Weiberkunstgewerbe, wem graust da nicht weiblich!

Sogar ihre Vornamen lassen diese fingernden Mänaden nicht in Ruhe, sie kletzeln und polken so lange an ihnen herum, bis sie schließlich und endlich Fini, Zoe, Noe, Loe, Gabi, Lydi, Lo, Vally, […] oder gar Mäda heißen.“


Das schrieb der Maler und Grafiker Julius Klinger 1927 und interpretierte damit das WW-Kürzel in „Wiener Weiberkunstgewerbe“ um.

Auch Adolf Loos hatte dafür eine Interpretation – er betitelte einen seiner Vorträge


Wiener Weh“.

Man(n) fühlte sich offenbar bedroht von so viel Weiblichkeit.


Eine unerhörte Pupperlwirtschaft

schrieb der Architekt Oswald Haerdtl

Über 180 Künstlerinnen und Frauen, vermutlich waren es noch einige mehr, arbeiteten für die Wiener Werkstätte. Viele von ihnen konnten für die Ausstellung und den Katalog in Bild und Text oder durch ihre Arbeiten sichtbar gemacht werden.

Besonders engagiert und auffällig waren die „Allrounderinnen“, wie wir sie bezeichnen:

MARIA LIKARZ

Fachklassenlehrerin, Malerin, Gebrauchsgrafikerin, Modeentwerferin, Textil- und Emailarbeiten

Foto: anonym, 1931 © MAK

Foto: anonym, 1931 © MAK

Maria Likarz wurde 1893 in Przemyśl (Polen) geboren und starb 1971 in Rom. Mit 18 Jahren erhielt sie eine Ausbildung an der Kunstschule für Frauen und Mädchen in Wien, anschließend studierte sie an der Kunstgewerbeschule, unter anderem bei Josef Hoffmann (Architektur), Rosalia Rothansl (Textil) und Adele von Stark (Email).

Entwürfe für einen Zigarettenbecher und eine Aschenschale, 1923 © MAK

Entwürfe für einen Zigarettenbecher und eine Aschenschale, 1923 © MAK

Schon während ihrer Studienzeit gestaltete sie erste Postkarten für die WW, auch ihre erste große Beteiligung am Mappenwerk Mode Wien 1914/5 fällt noch in diese Zeit.

Entwurf für die WW-Postkarte Nr. 888, 1912 © MAK

Entwurf für die WW-Postkarte Nr. 888, 1912 © MAK

Neben Perl-, Leder- und Emailarbeiten entwarf sie viel Gebrauchsgrafik. Von Likarz sind über 200 Stoffmuster erhalten sowie Entwürfe für Tapeten, die vor allem in Köln produziert wurden, und in Wien ausgeführtes Porzellan.

Entwurf für ein Plakat der WW-Filiale in Berlin, 1929 ©MAK

Entwurf für ein Plakat der WW-Filiale in Berlin, 1929 ©MAK

Außerdem leitete sie von 1924 bis 1925 die Modeabteilung der WW – sie kann zu guter Recht als Allrounderin bezeichnet werden.

Links: Entwurf für das Badecape Lido, 1927; rechts: Entwurf für ein Kleid aus ihrem WW-Stoff Bridge, 1930/31 © MAK

Links: Entwurf für das Badecape Lido, 1927; rechts: Entwurf für ein Kleid aus ihrem WW-Stoff Bridge, 1930/31 © MAK

MATHILDE FLÖGL

Kunsthandwerkerin, Grafikerin, Gewerbelehrerin

Foto: Rudolf Lechner (Wilhelm Müller), Wien, um 1925 © MAK

Foto: Rudolf Lechner (Wilhelm Müller), Wien, um 1925 © MAK

Mathilde Flögl wurde 1893 in Brünn (Brno, Tschechien) geboren und starb 1958 in Salzburg. Sie absolvierte die k. k. Fachschule für Weberei in Zwittau (Svitavy, Tschechien) und studierte dann an der Wiener Kunstgewerbeschule bei Josef Hoffmann und Adele von Stark.

Ihr Vater war Direktor der k. k. Lehranstalt für Textilindustrie in Brünn, was sicher prägend für ihre künstlerische Laufbahn war.

Seidenstoff Mitsu, 1928 © MAK

Seidenstoff Mitsu, 1928 © MAK

Schon mit 21 Jahren zeigte sich ihr Interesse für Mode durch die Mitarbeit an den Mappenwerken Mode Wien 1914/5 und Das Leben einer Dame. Ihre ersten Entwürfe für die WW waren 1915 die sogenannten Kriegsgläser, ein Jahr später trat sie in die Künstlerwerkstätte ein.

Entwurf eines sog. „Kriegsglases“, vor 1917 © MAK

Entwurf eines sog. „Kriegsglases“, vor 1917 © MAK

Für den Jubiläumsband zum 25-jährigen Bestehen der Wiener Werkstätte entwarf sie 1928 das gesamte Grafikkonzept, den Einband gestalteten Vally Wieselthier und Gudrun Baudisch. Wandmalereien und Innenraumgestaltung zählten ebenfalls zu ihrem Repertoire.

Vally Wieselthier, Mathilde Flögl, Gudrun Baudisch, Jubiläumsschrift Die Wiener Werkstätte 1903–1928. Modernes Kunstgewerbe und sein Weg, 1929 © MAK

Vally Wieselthier, Mathilde Flögl, Gudrun Baudisch, Jubiläumsschrift Die Wiener Werkstätte 1903–1928. Modernes Kunstgewerbe und sein Weg, 1929 © MAK

Nach der Schließung der Wiener Werkstätte eröffnete sie ein eigenes Atelier für Stoffmuster und Modeentwürfe. Drei Jahre später übersiedelte Flögl in die Tschechoslowakei und arbeitete dort als Lehrerin an verschiedenen Fachschulen für Weberei und Textilindustrie. 

Stoffmuster Papagena, 1928 Foto: anonym © MAK

Stoffmuster Papagena, 1928 Foto: anonym © MAK

1941 – noch während des Krieges – kehrte sie nach Wien zurück und lehrte an der von Josef Hoffmann geleiteten Versuchswerkstätte des Kunsthandwerkvereins. Hier setzte sich die enge Zusammenarbeit zwischen den beiden fort.

In den 1950er Jahren lehrte sie Entwurfs- und Modezeichnen an der Bundeslehranstalt für Frauengewerbe in Salzburg. Ihre letzten Jahre widmete sie hauptsächlich der Weitergabe ihres Wissens.

FELICE RIX

Kunsthandwerkerin, Textilkünstlerin, Universitätsprofessorin

Foto: anonym, um 1925 © MAK

Foto: anonym, um 1925 © MAK

Felice Rix wurde 1893 in Wien geboren und starb 1967 in Kyoto. Nach einer Ausbildung an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt besuchte sie ab 1912 an der Kunstgewerbeschule die Klassen für Textil, Architektur und Email sowie die Klasse für Skulptur bei Anton Hanak. Noch während ihrer Studienzeit war sie an den Mappenwerken Mode Wien 1914/5 sowie Das Leben einer Dame beteiligt.

Seidenstoff Rebhuhn, 1924 © MAK

Seidenstoff Rebhuhn, 1924 © MAK

Mit Ende ihres Studiums entwarf sie Kriegsgläser und arbeitete anschließend in der Künstlerwerkstätte.

Zigarettenschuber, 1929 © MAK

Zigarettenschuber, 1929 © MAK

1918 gestaltete sie gemeinsam mit Kolleginnen die Wandmalereien der neuen WW-Textilabteilung auf der Kärntner Straße 32, dies war die erste große Gemeinschaftsarbeit der Künstlerinnen.

Verkaufsraum, Textilabteilung der WW © MAK

Verkaufsraum, Textilabteilung der WW © MAK

Plakatentwurf für die WW, um 1930 © MAK

Plakatentwurf für die WW, um 1930 © MAK

Nach ihrer Heirat mit dem Architekten Isaburo Ueno im Jahr 1925 übersiedelten die beiden nach Kyoto. Bei ihren zahlreichen Wien-Besuchen lieferte sie auch nach ihrem Umzug noch einige Jahre Stoffentwürfe für die WW.

Seidenstoff Sues, 1927 © MAK

Seidenstoff Sues, 1927 © MAK

Doch schon bald begann ihre große Universitätskarriere. Sie wurde beauftragt, Experimentaldesign am Institut für Handwerkskunst in Takasaki zu unterrichten und danach in Osaka am Forschungsinstitut für Architektur und Gewerbetechnik. In den 1950er Jahren erhielt sie an der Kyoto City University of Arts eine Professur und als Krönung ihrer Karriere gründete sie 1963 ihre eigene Privatschule – das International Design Institute.

Entwurf für einen Vogel aus Papiermaché, um 1926 © MAK

Entwurf für einen Vogel aus Papiermaché, um 1926 © MAK

Sie brachte den künstlerischen Esprit aus Wien nach Japan und ließ sich von der japanischen Tradition inspirieren – eine gelungene Symbiose, die sie zu einer internationalen Künstlerin machte, die Expansionspolitik betrieb.

Auch wenn die meisten Künstlerinnen der Wiener Werkstätte in mehr als einem kreativen Feld tätig waren und abseits vom Entwurfsprozess vor allem die handwerklichen Geschicke pflegten, stechen doch einige durch Innovation, Ideenreichtum und Geschäftstüchtigkeit hervor.

ROSE KRENN

Kunsthandwerkerin, Keramikerin, Textilkünstlerin

Foto: Prader & Brauer, Marburg a. d. Drau, um 1905, Privatbesitz

Foto: Prader & Brauer, Marburg a. d. Drau, um 1905, Privatbesitz

Rose Krenn wurde 1884 in Slowenien geboren und starb 1970 in Innsbruck. Ihre Studien absolvierte sie an den Kunstgewerbeschulen in Prag und Wien.

Keramikschale, 1911/12 © MAK/Georg Mayer

Keramikschale, 1911/12 © MAK/Georg Mayer

Sie lernte von Michael Powolny (Keramik) und war außerdem eine der wenigen Schülerinnen von Josef Hoffmann, die selbst Möbel entwerfen und umsetzen konnten. In ihr Abschlusszeugnis von 1913 schrieb Josef Hoffmann sehr bezeichnend für diese Zeit:

„Fräulein Rosa Krenn hat einen für eine Frau ungewöhnlich starken Formensinn und entschiedene Anlage für selbständiges Formbilden. Vor allem ist sie für Flächendekor und Innenarchitektur befähigt. In der Ausführung von Keramiken zeigte sie sehr viel Selbständigkeit und großes Materialempfinden.“

Zigarrenschrank, 1912 © MAK/Georg Mayer

Zigarrenschrank, 1912 © MAK/Georg Mayer

1912 entstand nach ihrem Entwurf ein Zigarrenschrank für die Frühjahrsausstellung im Österreichischen Museum für Kunst und Industrie (heute MAK), der sofort für die Sammlung angekauft wurde – ein ganz seltenes Beispiel femininer Möbelkunst.

Sie heiratete, ging nach Tirol und nahm dort einen Lehrauftrag an. Für die WW entwarf sie acht Jahre lang Stoffmuster, Schachteln, Christbaumschmuck, bemalte Ostereier und einiges mehr.

WW-Stoffmuster Backfisch, 1910/11 © MAK

WW-Stoffmuster Backfisch, 1910/11 © MAK

EILFRIEDE BERBALK

Silberschmiedemeisterin, Fachlehrerin, Pionierin

Foto: anonym, um 1925, Privatbesitz

Foto: anonym, um 1925, Privatbesitz

Eilfriede Berbalk wurde 1900 in Wien geboren und starb 1987 in Krems. Ihr Traum, Architektur zu studieren, erfüllte sich nicht, da Frauen an diesem Studium nicht teilnehmen konnten – jedoch fand sie ihre Berufung anderswo.

Sie lernte an der Kunstschule für Frauen und Mädchen im Metallkurs bei Georg Klimt und beschloss, Silberschmiedin zu werden. In der WW bot sich diese Gelegenheit in einer zweijährigen Lehrzeit mit anschließender Gesellenprüfung. Konsequent verfolgte sie ihr Ziel und absolvierte 1924 die Meisterprüfung als erste Silberschmiedin Österreichs.

Zuckerstreuer, um 1928, Privatbesitz, Foto: © MAK/Georg Mayer

Zuckerstreuer, um 1928, Privatbesitz, Foto: © MAK/Georg Mayer

Ihrem Pioniergeist entsprechend, gründete sie im 18. Bezirk eine eigene Werkstätte, in der sie bewusst nur weibliche Lehrlinge aufnahm und förderte. Als Lehrbeauftragte kehrte sie später wieder an die Kunstschule für Frauen und Mädchen zurück und leitete dort die Metallklasse.

KLARA POSNANSKI

Textilkünstlerin

Stoffmuster Dornbach, 1928 © MAK/Kristina Wissik

Stoffmuster Dornbach, 1928 © MAK/Kristina Wissik

Über Klara Posnanski ist kaum etwas bekannt. Vermutlich war sie die Tochter eines Rabbiners.

Ab 1927 hatte sie eine eigene „Werkstätte für Textilveredelung nach eigenen künstlerischen Entwürfen“. Sie entwickelte ein eigenes Spritzdruckverfahren, durch das ein besonders feiner Farbverlauf, die sogenannte Ombrierung, erzeugt werden konnte.

Stoffmuster Hallstatt, vor 1926 © MAK/Kristina Wissik

Stoffmuster Hallstatt, vor 1926 © MAK/Kristina Wissik

Bis 1931 kreierte sie an die 70 Stoffmuster für die WW, die formal und farblich die 1960er Jahre vorwegnahmen. Danach verliert sich ihre Spur.

MELA KOEHLER

Grafikerin, Modeentwerferin und Kostümbildnerin – die doppelte Spezialistin

Foto: Madame d’Ora, 1912 © Bildarchiv/ÖNB

Foto: Madame d’Ora, 1912 © Bildarchiv/ÖNB

Mela Koehler wurde 1885 in Wien geboren und starb 1960 in Stockholm. Ihr Studium an der Kunstgewerbeschule bei Koloman Moser (Malerei) und Rosalia Rothansl (Textil) war wegweisend für ihren weiteren künstlerischen Weg und förderte von Anfang an ihre Stärken – Grafik und Mode.

WW-Postkarten Nrn. 519, 518, 523, 1911 © MAK

WW-Postkarten Nrn. 519, 518, 523, 1911 © MAK

Sie leitete einen Geschmackslehre-Kurs an Frauengewerbeschulen für Weißnähen und Kleidermachen und erhielt ein Stipendium für Paris, eine Auszeichnung für ihr Können.

WW-Postkarte Nr. 477, 1910 & Nr. 478, 1911 © MAK

WW-Postkarte Nr. 477, 1910 & Nr. 478, 1911 © MAK

Koehler entwarf vor allem Mode und zwischen 1907 und 1912 über 150 Post- und Tischkartenmotive zu diesem Thema für die WW. Diese sogenannten „Kleinkunstwerke“ – man konnte auch Rahmen dafür erwerben – mit hohem künstlerischem Anspruch waren ein leistbares und wichtiges Werbemittel.

WW-Postkarte Nr. 527, 1911 © MAK

WW-Postkarte Nr. 527, 1911 © MAK

In Schweden setzte sie ihre Tätigkeit als Grafikerin und Modeentwerferin konsequent fort.

Zu den großen Mentoren der Künstlerinnen gehörten vor allem die Professoren und WW-Gründer Josef Hoffmann und Koloman Moser. Auch eine Vielzahl anderer Persönlichkeiten an der Kunstgewerbeschule und des Unternehmens Wiener Werkstätte hatten großen Einfluss auf sie. Einer sticht dabei ganz besonders hervor: Dagobert Peche.

DAGOBERT PECHE

Erneuerer, Fantast, Ornamentgenie

Foto: anonym, 1920 © MAK

Foto: anonym, 1920 © MAK

Dagobert Peche wurde 1887 in St. Michael im Lungau geboren und starb 1923 mit nur 36 Jahren in Mödling. Er absolvierte nach dem Willen seines Vaters ein Architekturstudium an der TU und an der Akademie der bildenden Künste in Wien, obwohl er eigentlich Maler werden wollte.

1911 konnte er für die WW erste Stoffmuster entwerfen – künstlerisches Entwerfen, Skizzieren und Zeichnen waren ganz sein Metier. Seiner Fantasie und Vorliebe für das Inszenieren und Arrangieren waren auf dem Papier keine Grenzen gesetzt.

1915 erfüllte sich Peches sehnlichster Wunsch – er bekam eine fixe Anstellung in der Wiener Werkstätte – und schon ein Jahr später erweiterte sich sein Kompetenzbereich. Er sollte die Einrichtung und Führung der Künstlerwerkstätte übernehmen.

Seine Herangehensweise war es, dem kunstgewerblichen Gegenstand das unbedingt Praktische zu nehmen und es als Kunstwerk zu betrachten. Dies beeinflusste Künstler*innen weit über Peches frühen Tod hinaus. Josef Hoffmann kommentierte betroffen: „Dagobert Peche war das größte Ornamentgenie, das Österreich seit der Barocke besessen hat.“


KOLOMAN MOSER

Entwerfer, Grafiker, Maler

Foto: anonym, 1903 © MAK

Foto: anonym, 1903 © MAK

Koloman Moser wurde 1868 in Wien geboren und starb dort 1918. Auf Wunsch seines Vaters absolvierte er die Handelsakademie, trat jedoch daneben heimlich zur Aufnahmeprüfung an der Akademie der bildenden Künste an und studierte dort schließlich Malerei. Er musste für sein Studium selbst aufkommen, was ihm durch zahlreiche Illustrationen, grafische Arbeiten und Aufträge gelang. Engagiert, neue künstlerische Ideen durchzusetzen, wurde er mit 29 Jahren Gründungsmitglied der Wiener Secession.

Um 1900 wurde Moser auf Wunsch von Otto Wagner Professor für Malerei an der Kunstgewerbeschule. Die Lehrtätigkeit ermöglichte ihm und seinen Schüler*innen, neue Wege zu bestreiten. Ein neues, weniger autoritäres Lehrer-Schüler*innen-Verhältnis entstand. Moser machte sie mit wichtigen Produzenten bekannt und auf seine Initiative hin wurde in der Kunstgewerbeschule der erste Brennofen angeschafft – Experimente und Produktion konnten beginnen!

1903 wurde die Wiener Werkstätte gegründet und Moser widmete sich intensiv dem Kunstgewerbe, das er mit viel Fantasie und malerischer Verve bereicherte. Sein Engagement war enorm, sein Gestaltungswille ungebrochen.

1905 heiratete Moser seine Schülerin Ditha Mautner von Markhof.

Schon bald konnte er sich durch die vielen Einmischungen in sein Leben und Schaffen, die oft finanzielle Ursachen hatten, nicht mehr mit der WW identifizieren. 1907 verließ er die Produktionsgemeinschaft. Moser blieb sein weiteres Leben Maler und Grafiker, war Mentor einer ganzen Generation und ein künstlerischer Tausendsassa.


JOSEF HOFFMANN

Architekt, Designer, Ausstellungsmacher

Foto: Rudolf Lechner (Wilhelm Müller), um 1925 © MAK

Foto: Rudolf Lechner (Wilhelm Müller), um 1925 © MAK

Josef Hoffmann wurde 1870 in Pirnitz (Brtnice, Tschechien) geboren und starb 1956 in Wien. Er studierte an der Akademie der bildenden Künste Architektur unter Otto Wagner. Seine künstlerischen Anfänge gleichen jenen von Koloman Moser – die beiden bildeten ein kongeniales Team: 1897 Gründungsmitglied der Secession, um 1900 Professor für Architektur an der Kunstgewerbeschule und 1903 die Gründung der Wiener Werkstätte. Ihre Vision: das Gesamtkunstwerk!

Schon bald wurde sie umgesetzt – 1904 entstand das Sanatorium Westend in Purkersdorf mit einem einheitlichen stilistischen Konzept und der Ausführung durch Handwerker*innen der WW. Hoffmann schuf die Architektur und gemeinsam mit Moser auch die Inneneinrichtung. Der Erfolgskurs setzte sich fort – nur ein Jahr danach erhielten sie den Auftrag für das Palais Stoclet in Brüssel. Gustav Klimt schuf dafür den Mosaikfries im Speisesaal.

Durch seine lange Lehrtätigkeit motivierte und inspirierte Hoffmann viele seiner Schüler*innen, er forderte und förderte sie unermüdlich. Hoffmann war bis zu seinem Tod als Architekt und manischer Entwerfer tätig.

Josef Hoffmann beauftragte 1916 Dagobert Peche mit der Einrichtung und Leitung der Künstlerwerkstätte. Ihre Ausrichtung war vollkommen neu: Sie sollte eine Art Experimentierfeld für Künstler*innen werden, auch jener, die keine fixe Anstellung bei der WW hatten.

Arbeitsraum und Materialien wurden zur Verfügung gestellt. Man kam, wann man wollte, und arbeitete mit dem Material, das die WW zur Verfügung stellte (Farbe, Papier, Email, Keramik etc.). Wurde ein Entwurf oder Objekt von der WW angenommen, konnten die Künstler*innen eine Rechnung schreiben. Wurde ein ausgeführter Gegenstand nicht angekauft, konnten sie den Gegenstand bezahlen und behalten.  

Vally Wieselthier, Gudrun Baudisch und Kitty Rix in der Keramikwerkstätte der WW, 1928 © Universität für angewandte Kunst Wien, Kunstsammlung und Archiv, Foto: Mario Wiberaz

Vally Wieselthier, Gudrun Baudisch und Kitty Rix in der Keramikwerkstätte der WW, 1928 © Universität für angewandte Kunst Wien, Kunstsammlung und Archiv, Foto: Mario Wiberaz

Die Künstlerwerkstätte wurde auch als „Ideenlaboratorium“ bezeichnet. Es gab Werkstätten für Keramik, Email und Zeichnen, ein Atelier für Seidenmalerei, die Textilwerkstätte sowie einen Raum für den Brennofen. Außerdem: Ateliers für Josef Hoffmann und Dagobert Peche, wobei Letzteres später auch von Maria Likarz genutzt wurde.

Marianne Leisching erinnerte sich in einem ihrer Briefe:

„Peches Atelier war licht und verspielt mit rokokoartigen Glaskasteln, einer Couch (mit ombriertem blauen Stoff überzogen), Blumen und schönen Spielereien und WW-Gegenständen. Nach seinem Tod gab Häusler dieses Atelier an Maria zur großen Entrüstung von Frau Primavesi und Flögl (die es beanspruchte). Bei dieser oder ähnlicher Gelegenheit kam es zu Tätlichkeiten, und Maria Likarz hat Flögl sogar eine Ohrfeige gegeben.“


MARIANNE LEISCHING

Kunsthandwerkerin, Emailkünstlerin und Chronistin

Foto: Rudolf Lechner (Wilhelm Müller), um 1925 © MAK

Foto: Rudolf Lechner (Wilhelm Müller), um 1925 © MAK

Marianne Leisching wurde 1896 in Wien geboren und starb 1971 in Amsterdam. Durch ihren Vater Eduard Leisching, Kunsthistoriker und Direktor des ÖMKI (heute MAK), wurde ihr die angewandte Kunst in die Wiege gelegt. Vier Jahre studierte sie bei Josef Hoffmann und Adele von Stark an der Kunstgewerbeschule.

Ab 1923 arbeitete sie in der Künstlerwerkstätte, wo sie vor allem Stoff-, Teppichmuster und Email entwarf und ihre eigenen Emailarbeiten sowie Entwürfe ihrer Kolleginnen ausführte.

Stoffentwurf, um 1924 © MAK

Stoffentwurf, um 1924 © MAK

Durch ihren späteren Briefwechsel mit einer Kollegin wurde sie zu einer Chronistin der WW. So berichtete sie z. B., dass die Künstlerinnen nach Entwürfen entlohnt und eigentlich gar nicht so schlecht bezahlt wurden.


Die meisten WW-Künstlerinnen waren Kunstgewerbeschülerinnen von Josef Hoffmann. Dazu zählen Maria Vera Brunner, Hedwig Denk, Hilda Jesser, Dina Kuhn, Fritzi Löw, Marianne Perlmutter, Mathilde Flögl, Irene von Herget, Lilly Jacobsen, Maria Likarz, Felice Rix, Emmy Rothziegel, Reni Schaschl, Anny Schröder und Vally Wieselthier.

 „Wenn man an die Ateliers in der Döblergasse kam, sah man wenig von den Männern, die das Ganze dirigierten [...]“,

schrieb der Chronist Hans Ankwicz-Kleehoven. Und über die Künstlerinnen:

„Suchte man sie an ihren Arbeitsstätten auf, fand man sie entweder am Zeichentisch mit einem Entwurf für ein Stoffmuster, eine Spitze oder ein Plakat beschäftigt, oder sie betätigten als Keramikerinnen gerade die Drehscheibe oder arbeiteten an der Glasur für die fertige Form.“

Frauen spielten eine wichtige Rolle in der Künstlerwerkstätte – auch im Führungsbereich. Es gab nicht nur Werkstätten-Leiterinnen, sondern sogar eine Frau an der Spitze: Helene Bernatzik leitete zeitweise die gesamte Künstlerwerkstätte.

Durch die traditionelle Rolle der Frau und die prekären Arbeitsverhältnisse innerhalb der Arbeiterschaft entstanden Mitte des 19. Jahrhunderts die ersten Frauenbewegungen, die sich unter anderem für das Frauenwahlrecht sowie bessere Bildung und Ausbildungsmöglichkeiten für Frauen und Mädchen einsetzten.

Die erste staatliche Ausbildungsstätte, die seit ihrer Gründung 1867 Frauen aufnahm, war die Kunstgewerbeschule. Mehr als 30 Jahre war es Frauen jedoch nicht möglich, Studien wie Architektur, Malerei oder Bildhauerei zu besuchen, da sie am verpflichtenden Aktunterricht nicht teilnehmen durften. Sie erhielten Ausbildungen in traditionell „weiblichen“ Bereichen wie Dekorationsmalerei, Emailarbeiten oder Spitzenzeichnen. Dies änderte sich ab 1899.

Postkartenverkauf am Stand der WW beim Künstler-Gartenfest in Weigls Dreherpark (rechts außen stehend Berta Zuckerkandl), 1907 © MAK

Postkartenverkauf am Stand der WW beim Künstler-Gartenfest in Weigls Dreherpark (rechts außen stehend Berta Zuckerkandl), 1907 © MAK

Ein neues selbstbewusstes Frauenbild entstand um die Zeit des Ersten Weltkriegs, weil Frauen kriegsbedingt viele Arbeitsbereiche von Männern übernehmen mussten. Dieser Umstand kam auch im äußeren Erscheinungsbild zum Ausdruck. Praktikable Arbeitskleidung ersetzte einengende Damenmode, auch Hosen und Kurzhaarfrisuren – die sogenannten Bubiköpfe – waren angesagt.

Camilla Birke (l.), Christa Ehrlich (M.) und Hilde Polsterer (r.) bei der Bemalung der Vitrinen im österreichischen Pavillon, Paris 1925. In: Wiener Bilder 10.5.1925

Camilla Birke (l.), Christa Ehrlich (M.) und Hilde Polsterer (r.) bei der Bemalung der Vitrinen im österreichischen Pavillon, Paris 1925. In: Wiener Bilder 10.5.1925

Attribute der Männerwelt wurden übernommen und die Rollenbilder auf den Kopf gestellt. Elitär, eigenständig und extravagant gekleidet sowie mit Zigarette in der Hand übernahmen Frauen auch in der Wiener Werkstätte erstmals ab den 1920er Jahren die Leitung von Werkstätten. Vally Wieselthier war eine von ihnen. Sie leitete die Keramikwerkstätte und machte internationale Karriere, während ihre Kollegin Gudrun Baudisch vor allem im deutschsprachigen Raum Berühmtheit erlangte.

VALLY WIESELTHIER

Vally Wieselthier in einem Kleid aus dem WW-Stoff Sommerfalter von Felice Rix, um 1925 © MAK

Vally Wieselthier in einem Kleid aus dem WW-Stoff Sommerfalter von Felice Rix, um 1925 © MAK

Vally Wieselthier ist sicher eine der international bekanntesten Künstlerinnen und Kunstgewerblerinnen. 1895 in Wien geboren, besuchte sie später die Kunstschule für Frauen und Mädchen und die Kunstgewerbeschule.

Plakat der WW, 1923 © MAK

Plakat der WW, 1923 © MAK

Neben den Bereichen Textil, Gebrauchsgrafik und Kunsthandwerk machte sie sich vor allem als Keramikerin einen Namen. Nachdem sie 1922 aus der WW ausgetreten war und ihre eigene keramische Werkstatt begründete, verkaufte sie diese 1927 wiederum an die WW und übernahm ihre Leitung.

Kaminverkleidung, um 1925 © MAK

Kaminverkleidung, um 1925 © MAK

1929 ging sie nach New York, wo sie gemeinsam mit amerikanischen und europäischen Künstler*innen die Vereinigung „Contempora“ gründete. In den USA setzte sie bis zu ihrem frühen Tod 1945 ihre rege künstlerische Arbeit und ihre Ausstellungstätigkeit fort. Bekannt sind vor allem ihre Keramikfiguren, die stets einen modernen Frauentypus darstellen.

Flora, 1928 © MAK/Georg Mayer

Flora, 1928 © MAK/Georg Mayer


GUDRUN BAUDISCH

Foto: Rudolf Lechner (Wilhelm Müller), Wien, um 1925 © MAK

Foto: Rudolf Lechner (Wilhelm Müller), Wien, um 1925 © MAK

Auch Gudrun Baudisch widmete sich als Kunsthandwerkerin besonders der Keramik. Sie wurde 1907 in Pöls in der Steiermark geboren und absolvierte die Keramikklasse der Bundeslehranstalt für das Baufach und Kunstgewerbe in Graz.

Kniendes Mädchen, 1927 © MAK/Georg Mayer

Kniendes Mädchen, 1927 © MAK/Georg Mayer

Anschließend begann sie in der Entwurfsabteilung der WW und war Mitarbeiterin der Keramikabteilung unter der Leitung von Vally Wieselthier. Ab den 1930ern betrieb sie ihre erste eigene Werkstätte in Wien und stattete unter anderem den Säulenhof des von Clemens Holzmeister entworfenen Präsidentenpalastes in Ankara mit mehreren plastischen Terrakotta-Frauenfiguren aus.

Zwei Frauen, 1927 © MAK

Zwei Frauen, 1927 © MAK

Während der NS-Zeit arbeitete sie in Deutschland im Auftrag der Reichsbaudirektion. Danach kehrte sie nach Österreich zurück und übernahm Stuckdekorationen und baukünstlerische Arbeiten in öffentlichen Bauten wie etwa dem Burgtheater oder im Festspielhaus Salzburg sowie in mehreren Kirchen. Ab den 1960er Jahren arbeitete sie für „Gmundner Keramik“. Sie starb 1982 in Hallein.

Frauenköpfe, 1927 © MAK

Frauenköpfe, 1927 © MAK

Im Jahr 1932 musste die Wiener Werkstätte Konkurs anmelden. Die Lagerbestände wurden in einer Auktion versteigert und alle Mitarbeiter*innen entlassen – es war das Ende einer Institution.

Im Laufe der 29 Jahre ihres Bestehens war die Wiener Werkstätte immer wieder mit finanziellen Krisen konfrontiert. Das Konzept der exzellenten handwerklichen Produktion mit hohem künstlerischem Anspruch war sehr kostenintensiv und verlangte fortwährend von Geldgebern unterstützt zu werden.  

Der erste Finanzier und Mitbegründer Fritz Waerndorfer konnte die Verluste nach elf Jahren Beteiligung nicht mehr ausgleichen und verließ das Unternehmen 1914.

Lederwerkstatt der WW, Wien VII. Neustiftgasse 32–34, um 1906 © MAK

Lederwerkstatt der WW, Wien VII. Neustiftgasse 32–34, um 1906 © MAK

Mit Otto Primavesi fand man einen neuen Unterstützer. Unter widrigen Umständen gelang es ihm, die WW weiterzuführen und sogar zu expandieren. Noch während des Krieges eröffnete eine Filiale in Zürich und 1922 folgte eine weitere in New York. Doch die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg war nicht leicht. Österreich hatte seine Position als Großmacht verloren und Wien war keine Metropole mehr, die Wirtschaft erholte sich nur langsam, Inflation und Arbeitslosigkeit waren die Folgen. Primavesi leitete das Unternehmen bis 1925, dann kam auch er in finanzielle Schwierigkeiten. 

Die Wiener Werkstätte musste sich dringend reformieren. Kooperationen mit anderen Firmen wurden eingegangen und im Textilbereich setzte man auf den Massenmarkt. Die Diskrepanz zwischen Kommerz und Kunst war jedoch eine ständige Kontroverse innerhalb der WW. Mit dem Börsencrash 1929 und der darauffolgenden weltweiten Wirtschaftskrise erschwerte sich die Situation zunehmend.

Der Unternehmer Alfred Hofmann trat 1930 als letzter Finanzier auf. Mit drastischen Rationalisierungsmaßnahmen versuchte er den Bankrott noch abzuwenden. Unökonomische Bereiche wurden geschlossen, die WW-Filialen verkauften auch Fremdprodukte, doch letztlich halfen all diese Maßnahmen nicht.

1939 erzwangen die Nationalsozialisten den Verkauf des WW-Archivs von Alfred Hofmann aufgrund seiner jüdischen Herkunft weit unter seinem Wert an das Staatliche Kunstgewerbemuseum (heute MAK). Alfred Hofmann konnte in die USA emigrieren und überlebte den Krieg. 1955 kam es zwischen ihm und dem Museum für angewandte Kunst zu einer Einigung und Unterzeichnung eines Schenkungsvertrags.

Das MAK ist heute rechtmäßig im Besitz des Archivs und damit wichtiges Kompetenzzentrum für die Wiener Werkstätte und ihre Zeit.

Verkaufsstelle der WW, Zürich, 1917 © MAK

Verkaufsstelle der WW, Zürich, 1917 © MAK

Der Schwerpunkt Wiener Werkstätte wird im MAK ständig bearbeitet und durch Schenkungen, Leihgeber*innen sowie neue Forschungsergebnisse erweitert. Letztere haben vor allem die Ausstellung DIE FRAUEN DER WIENER WERKSTÄTTE wesentlich bereichert.

Nach einem öffentlichen Aufruf und einer Online-Veröffentlichung aller uns bekannten Namen von „Frauen in der WW“ konnten mit einigen Nachkommen Kontakte geknüpft und vertieft werden. Unter anderem die Nachkommen von Jutta Sika, Fritzi Löw oder Susi Singer brachten Neues und Erstaunliches zutage.

Die größte Distanz wurde von den Nachkommen der Schwestern Anna und Emmy Rothziegel überwunden, diese kontaktierten uns aus dem fernen Alaska. Auch sie konnten dem Aufruf des MAK Folge leisten und einige spannende Details beisteuern. 

Es gibt noch viele Mitarbeiterinnen, über die wenig bis fast nichts herauszufinden war. Die Krankenkassenmeldungen aus den späten 1920er Jahren im WW-Archiv sind der einzige Beweis ihrer Existenz. Einige wurden vermutlich Opfer des Nationalsozialismus, andere mussten emigrieren. Oft wissen die Nachkommen nichts oder nicht viel über ihre Vorfahrinnen und deren Zusammenarbeit mit der WW. Grete Blatny war eine von ihnen, sie wurde 1908 geboren und gestaltete Textilentwürfe – mehr ist über sie nicht bekannt.

Die Ausstellung DIE FRAUEN DER WIENER WERKSTÄTTE (5.5.–3.10.2021) im MAK – Museum für angewandte Kunst, wurde von Anne-Katrin Rossberg und Elisabeth Schmuttermeier kuratiert und der Architektin Claudia Cavallar gestaltet. Diese MAK.digiSTORY erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Im Katalog zur Ausstellung finden sie noch weitere Biografien und wissenschaftliche Arbeiten zu spannenden Themen rund um die Künstlerinnen und das Kunstgewerbe des 20 Jahrhunderts.

DIE FRAUEN DER WIENER WERKSTÄTTE

Martha Alber • Mea Angerer • Adele Appoyer • Hilda Ascher • Gudrun Baudisch • Eilfriede Berbalk • Fritzi Berger • Helene Bernatzik • Ilse Bernheimer • Margret Bilger • Charlotte Billwiller • Camilla Birke • Else Birnbacher • Emilie Bittner • Irene Blahy • Grete Blatny • Edith Blau • Hilde Blumberger • Nelly Brabetz • Gertrud Brandt • Maria Vera Brunner • Hertha Bucher • Lotte Calm • Hedwig Denk • Mizzi Donin • Lida Doxat • Brunhilde Dreher • Alice Ehmann • Christa Ehrlich • Lucie Fell • Karoline/Lotte Fink • Alice Fischer • Else Flech • Mathilde Flögl • Gertrude Foges • Beatrix Foltin • Marie Freund • Olga Freund • Eva Frieberger • Mizi Friedmann • Lotte Frömel-Fochler • Helene Gabler • Hermine Ginzkey • Ella Graf • Gabriele Hackl • Marie Händler • F. J. Häsel • Lilly Hahn • Lotte Hahn • Margarete Hamerschlag • Fanny Harlfinger-Zakucka • Bianca Hausig • Irene v. Herget • Clara Herzig • Heddi Hirsch • Leopoldine Hirsch • Maria Hochstetter • Gertrud Höchsmann • Maria Josefa Hödl • Ingrid Ipsen • Sofie Iszkowska • Lilly Jacker • Lilly Jacobsen • Hede Jahn • Hilda Jesser • Helene John • Maria Jungwirth • Margarete Kempf • Adalberta Kiessewetter • Annalise Knapp • Olga Kneiser • Mela Koehler • Leopoldine Kolbe • Erna Kopriva • Valentine Kovačič • Eva Kowarcz • Rose Krenn • Lisa Kümmel • Dina Kuhn • Helene Kurz • Klara Kuthe • Frieda Lagus • Elisabeth Leisching • Marianne Leisching • Anna Lesznai • Maria Likarz • Lizzy Lindner • Melitta Löffler • Fritzi Löw • Marta Loewin • Kató Lukáts • Elena Luksch-Makowsky • Lydia Lunaczek • Paula Lustig • Grete Luzzatto • Louise Eleonore Maaß • Maria Makasy • Valerie Mautzka • Ella Max • Grete May • Maria Mayreder • Johanna Meier-Michel • Gabi Möschl • Ditha Moser • Antonie Mutter • Grete Neuwalder • Gertrude Neuwirth • Rosa Neuwirth • Emilie Niedenführ • Amalie Nowotny • Erna Pamberger • Marianne Perlmutter • Valerie Petter • Camilla Peyrer • Angela Piotrowska • Josefine Podboy • Minka Podhajská • Klara Posnanski • Fritzi Pracht • Maria Pranke • Carmela Prati • Erna Putz • Hertha Ramsauer • Grete Reichle • Margarete Reinold • Felice Rix • Kitty Rix • Anna Rothziegel • Emmy Rothziegel • Ena Rottenberg • Marta Ruben • Juliana Ryšavy • Margarete Sattler • Susanne Sautter • Reni Schaschl • Ilse Schenk • Anna Schmedes • Hedwig Schmidl • Else Schmidt • Maria Schober • Gabriele Schramm-Brisker • Mizzi Schreiner • Anny Schröder • Ida Schwetz-Lehmann • Jutta Sika • Emilie Simandl • Susi Singer • Julia Sitte • Olga Sitte • Camilla Sodoma • Marie Sorer • Luise Spannring • Grete Sperl • Agnes Speyer • Marie Stadlmayer • Eva Stammbusch • Elli Stoi • Luise Stoll • Else Stübchen-Kirchner • Dora Suppantschitsch • Amalie Szeps • Melanie Taussig • Alice Teichtner • Maria Tlusty • Therese Trethan • Maria Trinkl • Emilie Vogelmayer • Mizzi Vogl • Emma Wabak • Getrud Weinberger • Hermine Weiss • Christine Weißenberg • Marie Weißenberg • Vally Wieselthier • Hanna Wintersteiner • Anny Wirth • Marie Wohlmann • Grete Wolf • Marianne Zels • Nora Zuckerkandl • Emmy Zweybrück

Diese MAK.digiSTORY wurde von Gabriele Fabiankowitsch und Thaddäus Stockert konzipiert und umgesetzt mit Unterstützung von Simona Reisch und Nikolaus Ruchnewitz.

Stofftableaus © 3007 Wien, Eva Dranaz, unter Verwendung von WW-Stoff­mustern aus der MAK-Sammlung (© MAK).