MAK Geymüllerschlössel

Vergangenheit und Gegenwart im Dialog

Im Biedermeierjuwel Geymüllerschlössel in Wien Pötzleinsdorf zeigt das MAK Möbel aus dem Empire und Biedermeier, Alt-Wiener Uhren der Sammlung Franz Sobek sowie Interventionen zeitgenössischer Künstler und Designer. 

Das Geymüllerschlössel in Pötzleinsdorf, einem der Außenbezirke Wiens, wurde nach 1808 im Auftrag des Wiener Handelsherrn und Bankiers Johann Jakob Geymüller (1760–1834) als „Sommergebäude“ errichtet und ist heute einer der wenigen Orte in Österreich, an dem sich ein originalgetreuer Einblick in die Vielfalt biedermeierlicher Ausstattungskunst bietet.

 
Das mit originalen Möbeln aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eingerichtete Geymüllerschlössel samt Garten, in dem zeitgenössische Kunstpositionen präsentiert werden, bildet ein Ensemble, in dem Natur und Kunst, aber auch historische und zeitgenössische Positionen in Dialog treten: 1997 wurde Hubert Schmalix’ Skulptur Der Vater weist dem Kind den Weg (1996) im Park der Anlage aufgestellt und im Herbst 2004 der Skyspace The other Horizon (1998/2004) des amerikanischen Künstlers James Turrell permanent im Park des Geymüllerschlössels errichtet.
 
Gemäß der Programmatik des MAK, das historische Erbe mit zeitgenössischen künstlerischen Strömungen in Dialog zu setzen, öffnete von 2012 bis 2015 der MAK DESIGN SALON das Schlössel für aktuelles Design und bot Raum für zeitübergreifende Gegenüberstellungen. International renommierte DesignerInnen setzten sich hier mit der Ära des Wandels im frühen 19. Jahrhundert und dem Gebäude als musealem Ort auseinander, um stilistische wie gesellschaftliche Bezüge zur Gegenwart herzustellen.
 
In seiner Architektursprache zeigt das Gebäude selbst die am Beginn des 19. Jahrhunderts vor allem für Lustgebäude übliche Mischung von gotischen, indischen und arabischen Stilelementen. Der Name des Architekten ist bis heute unbekannt. 1888 erwarb der Textilindustrielle Isidor Mautner das Schlössel, der es 1929 an die Oesterreichische Nationalbank verpfändete. Mit dem so genannten Anschluss im März 1938 verloren die Erben des 1930 verstorbenen Isidor Mautner als Juden sämtliche Bürgerrechte und flohen vor den Verfolgungen durch das NS-Regime. Die auf dem Geymüllerschlössel lastende Hypothek ging auf die Deutsche Reichsbank über, die das Gebäude 1944 als Ausgleich für ihre Forderungen übernahm.
 
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ging das Eigentumsrecht auf die Oesterreichische Nationalbank über, die das Geymüllerschlössel 1948 an die Republik Österreich verkaufte. Der Kaufpreis wurde von Franz Sobek bezahlt, der dafür lebenslanges Wohnrecht im Schlössel erhielt und in den folgenden Jahren die Renovierung des Gebäudes leitete. 1965 galt die Republik Sobek dessen Rechte am Geymüllerschlössel ab, das Gebäude wurde in der Folge als Außenstelle dem MAK angegliedert.
 

Gleichzeitig mit dem Gebäude kam die bedeutende Sammlung von Franz Sobek – 160 Altwiener Uhren von erlesener Qualität aus der Zeit zwischen 1760 und der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts – und Mobiliar aus den Jahren 1800 bis 1840 in den Besitz des MAK. Durch Empire- und Biedermeiermöbel aus der MAK-Sammlung ergänzt, stellt sie eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten des Geymüllerschlössels dar.
 

Renovierungen Ende der 1980er Jahre versetzten die Fassade und Teile der Ausmalung der Innenräume wieder in den Originalzustand. Durch die darauf folgende Neuaufstellung von Einrichtung und Uhren in den Räumen des Schlössels gelingt es bis heute, den BesucherInnen die Idee eines Empire- und Biedermeiersommersitzes zu vermitteln. Großes Augenmerk wurde bei der Instandsetzung auch der textilen Ausstattung des Gebäudes und der Tapezierung der Möbel geschenkt, sodass das Geymüllerschlössel heute der einzige Ort in Österreich ist, an dem sich ein originalgetreuer Einblick in die Vielfalt biedermeierlicher textiler Ausstattungskunst bietet.

Die wechselvolle Geschichte dieses biedermeierlichen Juwels wird im Mai 2021 mit der Eröffnung eines Dokumentationsraumes mit umfangreichem Text- und Bildmaterial gewürdigt. Dafür wurde im Rahmen eines einjährigen Forschungsprojekts intensives Quellenstudium im MAK-Archiv sowie in sämtlichen relevanten Archiven Wiens und Niederösterreichs und den Familienarchiven der ehemaligen Besitzer*innen betrieben. 

Das Geymüllerschlössel wird ab der Saison 2022 zu einem dem Phänomen Mode gewidmeten, diskursiven Ort.

Saison 2024:
4.5.-3.11.
Sa+So 10–18 Uhr