How to Read El Pato Pascual: Disney’s Latin America and Latin America’s Disney ist eine Ausstellung im Rahmen der Getty-Initiative Pacific Standard Time: LA/LA mit über 150 Werken von 48 lateinamerikanischen KünstlerInnen, die fast einhundert Jahre gegenseitigen kulturellen Einflusses zwischen Lateinamerika und Disney untersuchen und hinterfragen. Die gemeinsame Ausstellung, die Malerei, Fotografie, Grafik, Zeichnung, Skulptur, Video, Dokumente sowie die dadurch hervorgerufenen kritischen Reaktionen umfasst, beschäftigt sich mit der Vorstellung, dass es keine klaren Grenzen zwischen Kunst, Kultur und Geografie gibt, und analysiert, wie solche Begriffe entstehen und diskutiert werden.

Die Ausstellungskuratoren, der Filmemacher und Schriftsteller Jesse Lerner und der Künstler Rubén Ortiz-Torres, haben eingehend Disneys lange Beschäftigung mit der lateinamerikanischen Kultur untersucht, von Donald Ducks erster Rolle im thematisch auf Mexiko ausgerichteten Kurzfilm Don Donald im Jahr 1937 bis hin zum Versuch der Firma, 2013 den mexikanischen Tag der Toten markenrechtlich schützen zu lassen. Für die Untersuchung von Lerner und Ortiz-Torres war außerdem eine Reise nach Südamerika, die Walt Disney 1941 mit seinem Team unternahm, von großer Bedeutung. Mit einer Gruppe von fünfzehn Trickfilmzeichnern, Musikern und Drehbuchautoren flog Disney in mehr als fünf südamerikanische Länder im Rahmen eines Versuchs der US-Regierung, die Politik der „guten Nachbarschaft“ während des Zweiten Weltkrieges zu propagieren. Neben dem berühmten Film Drei Caballeros brachte diese Reise auch den Film Drei Caballeros im Sambafieber, ein dokumentarisches Making-of mit dem Titel South of the Border with Disney sowie Propagandafilme wie The Grain that Built a Hemisphere („Das Korn, das eine Hemisphäre schuf“) hervor.

Auf das berüchtigte chilenische Buch der Wissenschaftler Ariel Dorfman und Armand Mattelart Para leer al Pato Donald („Wie Donald Duck zu lesen ist“) aus dem Jahr 1971 wurde Ortiz-Torres aufmerksam, als er in den 1990er Jahren mit dem Künstler Michael Asher an dem von Disney finanzierten California Institute of the Arts (CalArts) studierte. Das (ehemals in Chile verbotene und in den USA gerichtlich verfolgte) Buch liefert eine strukturelle Analyse und prangert an, wie die Comicbücher von Disney als Medium eingesetzt wurden, um die Politik und den kulturellen Imperialismus der USA zu rechtfertigen und zu propagieren.

Als Kuratoren wollen Lerner und Ortiz-Torres zeigen, dass Disney nicht als einfacher Export in das restliche Amerika betrachtet werden kann, wo er passiv aufgenommen wurde. Wie jede andere kulturelle Kraft oder Mythologie in Lateinamerika wurde die Bilderwelt von Disney immer schnell von KünstlerInnen umgedeutet, assimiliert, adaptiert, ausgeschlachtet, vermischt und unterwandert: Der Bildhauer Nadín Ospina erschafft unter Verwendung von behauenem Stein und Gold präkolumbianisch anmutende Objekte, die Disneycharaktere darstellen. Der Künstler Enrique Chagoya kombiniert Bilder aus Kodizes, indigene Ikonografie und volkstümliche Grafik, die Disneyfiguren in einer postkolonialen Kritik einschließen. Liliana Porter hat konzeptuelle Grafik und Fotografie produziert, wo Disneyspielzeug mit wiedererkennbaren Figuren wie Che Guevara kombiniert ist. Fotografien wie die von Antonio Turok zeigen, wie die Disney-Ikonografie mit dem Alltagsleben in Lateinamerika verflochten wurde. Arturo Herreras Werk spielt mit unserer fast angeborenen Fähigkeit, Disneyfiguren sofort zu identifizieren, unabhängig davon, wie stark sie abstrahiert sind: Der Künstler wird ein neues Wandgemälde in der Nähe des Schindler House präsentieren, auf der Seite des West Elm-Gebäudes in 8366 Beverly Blvd, Los Angeles 90048, das während der gesamten Ausstellungsdauer zu sehen ist.


Aufgrund ihrer Größe und ihres Wirkungsbereiches wird die Ausstellung an zwei Orten präsentiert: im Schindler House in West Hollywood und in der Luckman Gallery an der California State University, Los Angeles.
Luckman Fine Arts Complex
5151 State University Dr., Los Angeles, CA 90032
Die Galerie im Luckman Fine Arts Complex an der California State University LA ist Montag bis Donnerstag und Samstag jeweils von 12 bis 17 Uhr geöffnet.


IN DER AUSSTELLUNG VERTRETENE KÜNSTLERiNNEN
Lalo Alcaraz, Florencia Aliberti, Sergio Allevato, Pedro Álvarez, Carlos Amorales, Rafael Bqueer, Mel Casas, Alida Cervantes, Enrique Chagoya, Abraham Cruzvillegas, Minerva Cuevas, Einar and Jamex De la Torre, Rodrigo Dorfman, Dr. Lakra, El Ferrus, Demián Flores, Pedro Friedeberg, Scherezade Garcia, Alicia Mihai Gazcue, Arturo Herrera, Alberto Ibañez, Claudio Larrea, Nelson Leirner, Fernando Lindote, José Rodolfo Loaiza Ontiveros, Marcos López, José Luis und José Carlos Martinat, Carlos Mendoza, Pedro Meyer, Florencio Molina Campos, Mondongo, Jaime Muñoz, Rivane Neuenschwander, Rafael Montañez Ortiz, Nadín Ospina, Leopoldo Peña, Liliana Porter, Artemio Rodríguez, Agustín Sabella, Daniel Santoro, Mariángeles Soto-Díaz, Magdalena Suarez Frimkess, Antonio Turok, Meyer Vaisman, Ramón Valdiosera Berman, Angela Wilmot, Robert Yager, Carla Zaccagnini.

ZU DEN KURATORiNNEN
Jesse Lerner und Rubén Ortiz-Torres bringen beide beachtliche Fachkenntnisse für das Ausstellungsprojekt und die Publikation mit. Beide sind Künstler und Wissenschaftler – die am Pitzer College beziehungsweise an der University of California San Diego lehren –, und deren Arbeit die Grenzen von Kultur und Kunst untersucht. Ihre Kompetenzbereiche und Methoden, obgleich sie ganz verschieden sind, ergänzen einander und überschneiden sich häufig auch. Sie haben bereits zuvor bei der Produktion des Films Frontierland zusammengearbeitet und 2011 die Ausstellung MEX/LA, ʻMexican’ Modernism(s) in Los Angeles 1930–1985 für das Museum of Latin American Art in Long Beach kuratiert. Der Wissenschaftler Fabián Cereijido ist Assistenzkurator der Ausstellung.

ZU Pacific Standard Time: LA/LA
Pacific Standard Time: LA/LA ist eine weitreichende und ambitionierte Untersuchung der lateinamerikanischen und Latino-Kunst im Dialog mit Los Angeles, die von September 2017 bis Jänner 2018 stattfindet. Geleitet vom Getty Institute, ist Pacific Standard Time: LA/LA eine Zusammenarbeit von Kunstinstitutionen in ganz Südkalifornien.

Mittels einer Reihe von thematisch zusammenhängenden Ausstellungen und Programmen beleuchtet Pacific Standard Time: LA/LA verschiedene Aspekte der lateinamerikanischen und Latino-Kunst von der Antike bis in die Gegenwart. Mit Themen wie luxuriöse Kunst im präkolumbianischen Amerika, afrobrasilianische Kunst des 20. Jahrhunderts, alternative Räume in Mexico City und grenzüberschreitendes Schaffen von Latinokünstlern reichen die Ausstellungen von monografischen Studien einzelner KünstlerInnen bis hin zu breit angelegten Untersuchungen, die zahlreiche Länder umfassen.

Unterstützt durch mehr als 16 Millionen $ an Fördergeldern der Getty-Stiftung bezieht Pacific Standard Time: LA/LA mehr als 70 Kulturinstitutionen von Los Angeles bis Palm Springs und von San Diego bis nach Santa Barbara ein. Pacific Standard Time ist eine Initiative des Getty Institute. Sponsor des Projekts ist die Bank of America.


Diese Ausstellung und die Publikation wurden in erster Linie durch Fördergelder der Getty-Stiftung unterstützt.

Großzügige Unterstützung gewährten auch die Andy Warhol Foundation for Visual Arts, das National Endowment for the Arts und die City of West Hollywood.

Dieses Projekt wurde in Teilen auch vom Los Angeles County Board of Supervisors durch die Los Angeles County Arts Commission gefördert.

 

9.9.2017—14.1.2018
MAK Center Los Angeles, Schindler House