Anlässlich des 150-Jahr-Jubiläums der Wiener Weltausstellung 1873 thematisiert das MAK einen kritischen Aspekt dieser internationalen Prestigeschau: die Präsentation des Orients als orientalistisches Konstrukt des 19. Jahrhunderts.
28.6.2023—22.10.2023
Zentraler Raum MAK Design Lab
Am Beispiel der Länder Ägypten und Japan, die nach damaligem Verständnis kulturgeografisch oft dem „Orient“ zugeordnet wurden, beleuchtet die Ausstellung WIENER WELTAUSSTELLUNG 1873 REVISITED. Ägypten und Japan als Europas „Orient“ unterschiedliche Facetten dieses Phänomens.

Die Entstehung der MAK Sammlung ist eng mit der Wiener Weltausstellung 1873 verknüpft. Insbesondere Japan, das damals erstmals offiziell als Nation an einer Weltausstellung teilnahm, stellte sich mit vielen Kunstwerken vor. Ein großer Teil davon wurde von der japanischen Regierung an europäische Museen, darunter auch das k. k. Österreichische Museum für Kunst und Industrie (heute MAK), geschenkt. Das MAK verwahrt eine der wichtigsten Sammlungen zur Wiener Weltausstellung, wovon etwa 80 Prozent der für die Ausstellung WIENER WELTAUSSTELLUNG 1873 REVISITED. Ägypten und Japan als Europas „Orient“ relevanten Objekte hierzulande noch nie gezeigt wurden.
 
Die Ausstellung geht einer Reihe von Fragen nach: Von welchen Akteuren wurden die Länderpräsentationen in Wien konzipiert und gestaltet? Welche politischen, kulturellen und diskursiven Rahmenbedingungen prägten die ästhetische Entscheidungsfindung? Auf welche Art und Weise wurden Orientalismen für die Wiener Weltausstellung ästhetisch-symbolisch und kulturpolitisch von den jeweiligen Ländern verhandelt und nach 1873 transformiert?

Als Ausgangspunkt werden zwei europäische Akteure in den Blick genommen: der österreichisch-tschechische Architekt Franz (František) Schmoranz jun. (1845–1892) und der deutsche Chemiker Gottfried Wagener (1831–1892). Schmoranz verantwortete die Präsentation des Khedivats Ägypten (1867–1914) und gestaltete im Auftrag des Khediven die ägyptische Baugruppe, Wagener war für die Präsentation Japans verantwortlich.
 

Eines der Highlights der Ausstellung ist die Präsentation des sogenannten „Arabischen Zimmers“. Der von Schmoranz entworfene Raum war von 1883 bis 1931 dauerhaft im Österreichischen Museum für Kunst und Industrie eingerichtet und seither in seiner Gesamtheit der Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich.
 
Die theoretische Grundlage bildet die neuere Kritik an Edward Saids klassischem Orientalismus-Ansatz aus postkolonialer Sicht. Orientalismus wird im Rahmen der Ausstellung nicht nur als ein aus europäisch-westlicher Perspektive erfolgendes Othering („Alterisierung“) pauschalisiert, sondern als ein höchst komplexes Gebilde dynamischer Verhandlungsprozesse verstanden, die auch Praktiken wie Self-Othering, Widerstand und Komplizenschaft des „Orients“ miteinschließen. Die Wiener Weltausstellung wird aus zwei verschiedenen Länderperspektiven neu kontextualisiert, um damit verbundene Mechanismen sowie ästhetische und kulturpolitische Strategien genauer zu dechiffrieren.

KURATORIN 
Mio Wakita-Elis, Kustodin MAK Sammlung Asien

Kalender

Ägypten und Japan als Europas „Orient“
MAK – Museum für angewandte Kunst
mit Mio Wakita-Elis
MAK – Museum für angewandte Kunst
MAK – Museum für angewandte Kunst