Christoph Niemann, der „Visual Storyteller“, ist sowohl in den USA als auch in Europa ein gefragter Grafiker.
1.7.2015—27.10.2015
MAK Kunstblättersaal
Im Jahr 1970 in Waiblingen (Baden-Württemberg) geboren, übersiedelt er 1997 – nach Beendigung seines Studiums an der Stuttgarter Akademie der Bildenden Künste – nach New York, wo er rasch Erfolge feiert. Neben Aufträgen zur Gestaltung von Titelbildern für THE NEW YORKER, The New York Times und das Technologie-Magazin WIRED arbeitet Niemann für Google, Herman Miller und das MoMA. Im Jahr 2008 kehrt er nach intensiven elf Jahren im „Big Apple“ mit seiner Familie nach Deutschland zurück. Seine Arbeit wird gleichzeitig immer globaler. Er zeichnet nach wie vor für seine amerikanischen Auftraggeber, parallel dazu für deutsche Publikationen wie das ZEITmagazin und viele andere Kunden in Europa und Asien.

Christoph Niemann, der sich selbst einmal als „Politik- und Nachrichten-Junkie“ bezeichnet hat, greift in seinen Arbeiten aktuelle Themen – wie die Rüstungspolitik der USA oder die Katastrophe von Fukushima – auf, macht aber auch vergleichsweise banale Situationen – wie die einer schlaflosen Nacht, eines Besuchs der Kunstbiennale in Venedig oder eines Transatlantikflugs – zum Gegenstand grafischer Gestaltung. „Meine Bilder sollen nicht nur illustrieren, sondern zum Nachdenken anregen.“ Dabei legt er auf den selbsterklärenden Faktor grafischer Darstellung besonderen Wert, Text wird sparsam zur Pointierung des dargestellten Inhaltes verwendet. Niemann stellt auf diese Weise alltägliche Szenen und Bildklischees in neue und teilweise groteske Zusammenhänge und eröffnet den BetrachterInnen neue Blickwinkel. So lässt er Poesie im Alltäglichen, Ironie im Vertrauten und Tragik im Banalen entdecken.


Für die grafische Umsetzung seiner Ideen mischt er die klassische Feder und den Stift mit Digitalem, aber auch mit Materialien wie Teig, Laub, Banknoten oder Spielzeug. Er setzt Alltagsgegenstände wie Büroklammern, Kleiderbügel, Kaffeetassen oder Salzstreuer in freier Assoziation in unerwartete und teilweise ironische Zusammenhänge. Daneben schreibt und illustriert er Bücher für Erwachsene und Kinder und beschäftigt sich mit Neuen Medien, indem er Apps, interaktive Games und Computeranimationen kreiert.

Im Jahr 2013 sorgt Niemann mit dem Sujet Brooklyn Bridge für Aufsehen: Zwei Hände formen dabei, wie bei dem bekannten Fadenspiel für Kinder, das weltbekannte New Yorker Wahrzeichen. Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck schenkte US-Präsident Barack Obama bei dessen Berlin-Besuch 2013 einen Siebdruck der Arbeit, die mit ihrer pointierten Aussage stellvertretend für Niemanns Hang zur Reduktion und zur richtigen Balance zwischen Proportion und Farbe steht. Vergleichbar ist das Buchprojekt I Lego New York, in dem er mit den kleinen, abstrakten Steinchen typische New Yorker Szenen nachbaut. Zu einem der aktuellsten Projekte zählen die Illustrationen zu Erich Kästners Es gibt nichts Gutes, außer: Man tut es (Atrium Verlag, 2015). In diesem Buch illustriert Niemann die Texte und interpretiert das Verständnis zwischen Sprache und Bild neu.

Mit Österreich ist Christoph Niemann durch seine Arbeiten für die Rechtsanwaltssozietät WOLF THEISS verbunden, die regelmäßig mit Sujets des Berliner Grafikers in den österreichischen Tageszeitungen Der Standard und Die Presse inseriert. Die reduzierten Illustrationen, die mit viel Ironie und hintergründigem Witz die Angebote der Kanzlei bewerben, prägen sich bei den BetrachterInnen ein und schaffen auch beim österreichischen Publikum einen Wiedererkennungseffekt.

Kuratorin: Kathrin Pokorny-Nagel, Leitung MAK-Bibliothek und Kunstblättersammlung/Archiv

christoph.niemann.com
 

Kuratorinnenführung

Do, 2.7.2015, 17:00 Uhr
Do, 8.10.2015, 17:00 Uhr
Kuratorinnenführung durch die Ausstellung mit Kathrin Pokorny-Nagel
 

Vortrag

Di, 6.10.2015, 19:00 Uhr
Das Institut für Design der Universität für angewandte Kunst Wien lädt zum Vortrag von Christoph Niemann über seine Arbeiten und den kreativen Prozess
(Lichthof A, Universität für angewandte Kunst Wien)