
Christoph Niemann, der sich selbst einmal als „Politik- und Nachrichten-Junkie“ bezeichnet hat, greift in seinen Arbeiten aktuelle Themen – wie die Rüstungspolitik der USA oder die Katastrophe von Fukushima – auf, macht aber auch vergleichsweise banale Situationen – wie die einer schlaflosen Nacht, eines Besuchs der Kunstbiennale in Venedig oder eines Transatlantikflugs – zum Gegenstand grafischer Gestaltung. „Meine Bilder sollen nicht nur illustrieren, sondern zum Nachdenken anregen.“ Dabei legt er auf den selbsterklärenden Faktor grafischer Darstellung besonderen Wert, Text wird sparsam zur Pointierung des dargestellten Inhaltes verwendet. Niemann stellt auf diese Weise alltägliche Szenen und Bildklischees in neue und teilweise groteske Zusammenhänge und eröffnet den BetrachterInnen neue Blickwinkel. So lässt er Poesie im Alltäglichen, Ironie im Vertrauten und Tragik im Banalen entdecken.










Für die grafische Umsetzung seiner Ideen mischt er die klassische Feder und den Stift mit Digitalem, aber auch mit Materialien wie Teig, Laub, Banknoten oder Spielzeug. Er setzt Alltagsgegenstände wie Büroklammern, Kleiderbügel, Kaffeetassen oder Salzstreuer in freier Assoziation in unerwartete und teilweise ironische Zusammenhänge. Daneben schreibt und illustriert er Bücher für Erwachsene und Kinder und beschäftigt sich mit Neuen Medien, indem er Apps, interaktive Games und Computeranimationen kreiert.
Im Jahr 2013 sorgt Niemann mit dem Sujet Brooklyn Bridge für Aufsehen: Zwei Hände formen dabei, wie bei dem bekannten Fadenspiel für Kinder, das weltbekannte New Yorker Wahrzeichen. Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck schenkte US-Präsident Barack Obama bei dessen Berlin-Besuch 2013 einen Siebdruck der Arbeit, die mit ihrer pointierten Aussage stellvertretend für Niemanns Hang zur Reduktion und zur richtigen Balance zwischen Proportion und Farbe steht. Vergleichbar ist das Buchprojekt I Lego New York, in dem er mit den kleinen, abstrakten Steinchen typische New Yorker Szenen nachbaut. Zu einem der aktuellsten Projekte zählen die Illustrationen zu Erich Kästners Es gibt nichts Gutes, außer: Man tut es (Atrium Verlag, 2015). In diesem Buch illustriert Niemann die Texte und interpretiert das Verständnis zwischen Sprache und Bild neu.
Mit Österreich ist Christoph Niemann durch seine Arbeiten für die Rechtsanwaltssozietät WOLF THEISS verbunden, die regelmäßig mit Sujets des Berliner Grafikers in den österreichischen Tageszeitungen Der Standard und Die Presse inseriert. Die reduzierten Illustrationen, die mit viel Ironie und hintergründigem Witz die Angebote der Kanzlei bewerben, prägen sich bei den BetrachterInnen ein und schaffen auch beim österreichischen Publikum einen Wiedererkennungseffekt.
Kuratorin: Kathrin Pokorny-Nagel, Leitung MAK-Bibliothek und Kunstblättersammlung/Archiv
christoph.niemann.com
Kuratorinnenführung
Do, 2.7.2015, 17:00 Uhr
Do, 8.10.2015, 17:00 Uhr
Kuratorinnenführung durch die Ausstellung mit Kathrin Pokorny-Nagel
Vortrag
Di, 6.10.2015, 19:00 Uhr
Das Institut für Design der Universität für angewandte Kunst Wien lädt zum Vortrag von Christoph Niemann über seine Arbeiten und den kreativen Prozess
(Lichthof A, Universität für angewandte Kunst Wien)
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