Das Jahr 1873 markierte für die Kunstgeschichte als Wissenschaftsdisziplin und für die Museologie einen signifikanten Wendepunkt: In jenem Jahr fanden in Wien der Erste Kunstwissenschaftliche Congress – auf Initiative des fortschrittlichen Gründungsdirektors des MAK, Rudolf von Eitelberger – sowie die Wiener Weltausstellung statt.
Die Wiener Weltausstellung war als erste Weltausstellung im deutschsprachigen Raum besonders auf eine neue Internationalität mit Blick nach „Osten“ ausgerichtet. Über diplomatische Kanäle wurden wesentlich mehr Nationen außerhalb Europas für die Wiener Schau angeworben als bei vergangenen Weltausstellungen (wie in Paris und London). Die Botschaft war, Österreich-Ungarn als handelspolitischen und kulturellen Mittler zwischen „Ost und West“ in einem großen internationalen Kontext zum Ausdruck zu bringen.
Der Erste Kunstwissenschaftliche Congress wurde in den Bibliotheksräumlichkeiten des heutigen MAK abgehalten, parallel zur Wiener Weltausstellung. Er brachte erstmals zahlreiche Kunsthistoriker [sic!] aus Museen und Universitäten im deutschsprachigen Raum zusammen und gilt als ein wichtiger Schritt für die Etablierung der Kunstgeschichte als eigenständiges akademisches Fach. Während der viertägigen Zusammenkunft wurden u. a. über praktische und methodische Fragen diskutiert, die sowohl für Unterricht und Forschung als auch für die Museumsarbeit von großer Relevanz waren.
Im ersten Teil des Symposiums wird unter dem Titel
(RE-)FRAMING 1873: Die Wiener Weltausstellung und der Erste Kunstwissenschaftliche Congress der Frage nachgegangen, wie bei den beiden historischen Veranstaltungen von 1873 kritische Aspekte verhandelt wurden: Internationalität, der Modus der nationalen Repräsentation, die Institutionalisierung des Faches Kunstgeschichte und die Definition musealer Tätigkeitsfelder.
NEGOTIATING ART HISTORIES: Internationale Kunst auf der Wiener Weltausstellung diskutiert die Darstellung von Kunst „des Orients“ und „des Islam“, von Kunst aus Südamerika, China und Japan, wobei auch die Sammlungsstrategie des Museums für Kunst und Industrie auf der Wiener Weltausstellung beleuchtet wird.
GLOBAL FRAMES: Neue Perspektiven zu Kunstgeschichte zwischen den Kulturen richtet den Blick auf die Gegenwart und erörtert, wie Kunstgeschichte und Museen sich in neuer Beziehung zur globalen „Welt“ in Zeiten kultureller Diversität jenseits ihrer Hierarchisierung positionieren und definieren können. Als Abschluss des Symposiums gibt die Podiumsdiskussion
EXPANDED MUSEUM: Perspektiven und Ideen Impulse für einen erweiterten Museumsbegriff, der sich inhaltlich, architektonisch und gesellschaftlich manifestiert.
Das Symposium blickt auf Verbindungen zwischen historischen Perspektiven und kulturphilosophischen und postkolonialen Positionen der Gegenwart, um geschichtliche und konzeptionelle Bedingtheiten von Kunstgeschichte als ein ursprünglich westliches Wissenschaftsnarrativ zu thematisieren und die Museen als Teil davon zu verorten.
PROGRAMM
10 Uhr
Doors Open10.30 Uhr
Begrüßung10.40 Uhr
(RE-)FRAMING 1873: Die Wiener Weltausstellung und der Erste Kunstwissenschaftliche CongressMatthew Rampley, Professor, Institut für Kunstgeschichte, Masaryk University, Brünn:
The Art History Congress in 1873: Significance and Consequences (EN)
Oliver Rathkolb, Professor, Institut für Zeitgeschichte, Universität Wien:
Die Wiener Weltausstellung 1873 zwischen „Krähwinkelei“, Turboglobalisierung und dem Beginn des nervösen Zeitalters (DE)
Chair: Kathrin Pokorny-Nagel, Leitung Bibliothek und Kunstblättersammlung, MAK
12 Uhr
Mittagspause13 Uhr
GLOBAL FRAMES: Neue Perspektiven zu Kunstgeschichte zwischen den KulturenKeynotes Teil 1Hans Ulrich Obrist, Artistic Director, Serpentine Galleries, London:
Édouard Glissant for Exhibition-Making in the 21st Century (EN)
Chair: Marlies Wirth, Kuratorin Digitale Kultur, Kustodin Sammlung Design, MAK
13.45 Uhr
Pause
14 Uhr
NEGOTIATING ART HISTORIES: Internationale Kunst auf der Wiener Weltausstellung 14–15.30 UhrPanel 1Christina Baird, Independent Scholar, Wien:
E.C. Bowra (1841–1874) and the Chinese Submission to the Vienna Exhibition, 1873 (EN)
Sven Schuster, Professor für Geschichte, Del Rosario University, Bogotá:
Brasilien und Lateinamerika auf der Weltausstellung (DE) (via Zoom)
Mio Wakita-Elis, Kuratorin und Kustodin Sammlung Asien, MAK:
Keramik aus Japan auf der Wiener Weltausstellung: Die Sammlungsstrategie des Museums für Kunst und Industrie innerhalb der japanisch-mitteleuropäischen Diskurse (DE)
Chair: Lukas Nickel, Professor, Institut für Kunstgeschichte, Universität Wien
15.30 Uhr
Pause 16–17.30 Uhr
Panel 2Markus Ritter, Professor, Institut für Kunstgeschichte, Universität Wien:
What was ‚Islamic‘ and ‚Oriental‘ Art, c. 1873? (DE)
Nilay Özlü, Professorin, Fakultät für Architektur, Istanbul Technical University:
Objects of the Sultan: The Ottoman Treasury Pavilion in Vienna (EN)
Johannes Wieninger, Independent Scholar und ehemaliger Kustode Sammlung Asien, MAK:
Die Wiener Weltausstellung und das Orientalische Museum (DE)
Chair: Anja Grebe, Professorin, Institut für Kunst- und Kulturwissenschaften, Universität für Weiterbildung Krems – Donau-Universität
17.30 Uhr
Pause 18 Uhr
GLOBAL FRAMES: Neue Perspektiven zu Kunstgeschichte zwischen den KulturenKeynotes Teil 2Carolin Overhoff Ferreira, Professorin, Institut für Kunstgeschichte, Federal University of São Paulo:
Dekolonialität als Neudefinition der Moderne (DE)
Susanne Titz, Direktorin Museum Abteiberg, Mönchengladbach:
Framing Theories. Das Museum der Einrahmungen neu denken (DE)
Wilfried Kuehn, Partner des Architekturbüros Kuehn Malvezzi, Kurator und Autor, Professor für Raumgestaltung und Entwerfen, TU Wien
dis/play (DE)
Chair: Marlies Wirth, Kuratorin Digitale Kultur, Kustodin Sammlung Design, MAK
19–19.45 Uhr
EXPANDED MUSEUM: Perspektiven und IdeenPodiumsdiskussion (DE)Carolin Overhoff Ferreira, Professorin, Institut für Kunstgeschichte, Federal University of São Paulo
Susanne Titz, Direktorin Museum Abteiberg, Mönchengladbach
Wilfried Kuehn, Partner des Architekturbüros Kuehn Malvezzi, Kurator und Autor, Professor für Raumgestaltung und Entwerfen, TU Wien
Moderation: Julienne Lorz, Professorin, Expanded Museum Studies, Universität für angewandte Kunst, Wien
PRAKTISCHE INFOS Teilnahme frei.
Anmeldung erforderlich.
Eingang: Weiskirchnerstraße 3 (gegenüber Stadtpark)
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